Cartoon: Cultural Change

Wenn Agilität in einem Unternehmen scheitert, dann liegt das sehr oft daran, dass wir das Thema isoliert betrachten wollen. Dann kümmern wir uns mehr um eine Methode als um das Prinzip. Und wenn wir über das Prinzip Agilität sprechen, stecken wir ganz tief in Kulturthemen – ob wir wollen oder nicht.

Schauen wir einmal, was in der Regel geschieht: Eine Organisation kommt zum Schluss, dass das Glück dieser Erde und der Schlüssel zum Erfolg in Agilen Methoden liegt. Also kaufen wir uns die Jira Lizenz und führen Scrum auf Teamebene ein. Alle Teams mögen sich fortan bitte selbst organisieren und sich an die Terminserien halten, die uns Scrum vorgibt.

Und irgendwie werden dadurch alle glücklich.

OK, das war vielleicht ein wenig bösartig und vielleicht auch übertrieben vereinfacht dargestellt. Auch in Euren Organisationen sitzen ein paar intelligente Leute, die sich Gedanken machen. Die Diskussion dreht sich aber im allgemeinen um Handlungen und Folgen. Ich habe jedoch auch Bedingungen.

Bedingungen und Folgen Agilen Handelns

Die Überlegungen Richtung Agilität (unabhängig von der Methode, über die wir dann ganz konkret sprechen) beginnen meistens bei den Dingen, die man sich davon verspricht. Soweit ist das vollkommen in Ordnung. Schließlich ist das Ganze kein Selbstzweck.

Jetzt beginnt das Problem: Wir bekommen eine Methode auf den Tisch und glauben, dass uns deren Anwendung die erwünschten Folgen beschert. Eine Methode wie Scrum ist jedoch nur eine Hilfestellung, das Agile Handlungsprinzip zu leben. Das müssen wir wissen, das müssen wir verstehen, und das muss uns ständig bewusst sein. Schließlich geht es im Kern nicht darum, uns sklavisch an eine bestimmte Terminserie zu halten, sondern den Regelkreis aus kontinuierlichem Lernen aus Erfahrung stabil zu leben. Die Terminserie soll das unterstützen.

Sind wir beim Lernen aus Erfahrung (bzw. Feedback) – also allem, was oben blau dargestellt ist, sollten wir uns irgendwann die Frage stellen, was wir eigentlich brauchen, um das zu tun. Und genau dieser Schritt wird sehr oft nicht gemacht.

Für ein sinnvolles Feedback brauchen wir eine offene Kommunikation. Ist das nicht gegeben, wird das mit dem Feedback nichts. Darum wird das nichts mit dem Lerneffekt, was nur bedeutet, dass wir bei unseren erhofften positiven Folgen die Quersumme aus Nix bekommen.

Hier findet Ihr eine Übersicht von Videos zu diesem und anderen Themen

Noch ein Beispiel? Selbstorganisation funktioniert nur dann, wenn alle auf Augenhöhe miteinander sprechen können. Dazu gehört auch eine große Portion Eigeninitiative und Disziplin (ganz böses Wort – ich weiß). Vergessen wir nicht, dass wir den ganzen Mist nicht machen, weil wir uns alle so furchtbar liebhaben. Wir wollen etwas damit erreichen, und noch nie hat Irgendjemand Irgendetwas erreicht, ohne sich selbst in den Arsch getreten zu haben.

Wir stecken also bei jeder Diskussion über Agilität in unseren Organisationen ganz tief in kulturellen Basisthemen. Befinden wir uns in einem Umfeld, das durch tiefes Misstrauen in unserer Kommunikation geprägt ist, hat es wenig Sinn über Agilität zu sprechen, wenn wir nicht auch über einen Kulturwandel sprechen.

Wir haben nun zwei Möglichkeiten: wir könnten hoffen, dass die Einführung Agiler Methoden die benötigten kulturellen Basisthemen automatisch mit sich bringt, und sie nicht gesondert adressieren, oder wir könnten die Kultur ganz bewusst zu unserem Thema machen, wozu ich Euch in jedem Fall raten würde.

Müssen wir den Kulturwandel abwarten, bevor wir mit unserer Agilen Offensive beginnen können?

Nein. Ein Kulturwandel ist aufwändig und zäh. Das dauert Jahre. So viel Geduld haben wir nicht, weil wir so viel Geduld nicht haben können. Der Wunsch nach Veränderung Richtung Agilität kommt nicht von allein. Den gibt es, weil es irgendein Problem gibt, und wenn das drei Jahre warten könnte, wäre es kein Problem.

Dass Agilität eine starke Kulturkomponente hat, bedeutet, dass die ganze Sache nicht so einfach ist, wie man sich das vorstellt, und es bedeutet auch, dass sich die gewünschten Effekte oft nicht so schnell einstellen, wie man hofft. Ihr könnt überall lesen, dass ein Team zwei oder drei Sprints benötigt, um sich an die neue Vorgehensweise zu gewöhnen. Danach würde es steil bergauf gehen. Haben wir jedoch ein Kommunikationsthema, haben wir ein Disziplinthema oder Sonstiges, geht das nicht so schnell, dann ist die Einführung von Agilität zäh und mühsam.

Glaubt niemandem, der Euch – ohne Eure Organisation zu kennen – Irgendetwas verspricht.

Haben wir in unserer Organisation ein Problem, dass wir mit Hilfe von Agilität lösen möchten, haben wir auch ein Kulturthema. Wenn wir Glück haben, müssen wir nicht unbedingt von einem Kulturwandel sprechen. Vielleicht sind wir ganz gut aufgestellt – das müssen wir aber unbedingt in Erfahrung bringen. Für den Start sollten wir uns auf die vier Komponenten Kommunikation, Eigeninitiative, Disziplin und Hierarchie konzentrieren.

Haben wir eine gesunde offene Kommunikation, haben wir die Basis für eine gesunde Feedbackkultur. Eigeninitiative und Disziplin sind Basis für Selbstorganisation. Zu viel Hierarchie macht uns alles kaputt, weil wir über hierarchische Grenzen hinweg auf Augenhöhe miteinander kommunizieren müssen. Ansonsten könnten wir gleich beim Prinzip der Fremdsteuerung durch den Vorgesetzten bleiben, was selbstverständlich auch auf die Selbstorganisation einzahlt.

Das Thema Fehlerkultur müssen wir auch irgendwann adressieren. Nur ein kleiner Hinweis dazu: Fehlerkultur bedeutet nicht zwingend, dass wir auch eine verzeihende Fehlerkultur haben. Der Begriff sagt nichts über seine Art aus. Er besagt lediglich, dass es einen definierten konsistenten Umgang mit Fehlern gibt. Wie der tatsächlich aussieht, müssen wir uns überlegen. Vielleicht schreibe ich beizeiten auch einen Artikel zu diesem Thema.

Wir haben also eine ganze Reihe von Kulturthemen, über die wir Bescheid wissen müssen. Schauen wir uns in unseren Organisationen alles genauer an, stellen wir wahrscheinlich fest, dass wir die gesamte Skala zwischen Perfekt und Furchtbar abdecken. Wie sollte es auch anders sein? Wäre ja zu schön, wenn es einmal einfach wäre.

Für uns bedeutet das, dass wir zeitglich mit den Methoden auch die Kulturthemen adressieren müssen. Und wie man einen Kulturwandel initiieren kann, sehen wir uns beim nächsten Mal etwas genauer an. Dabei können wir nämlich eine ganze Menge Blödsinn machen.

Kernaussagen: Agilität benötigt ein Umfeld, in dem bestimmte kulturelle Basisthemen bereits adressiert sind. Dazu gehört u.a. eine offene Kommunikation, Eigeninitiative, Disziplin und das Aufbrechen starrer hierarchischer Strukturen.

twitterrssyoutube
Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblr