Cartoon: Decision Making for Professionals

Wenn unsere Meetings scheinbar nicht zum Ende kommen, dann liegt das meistens daran, dass wir uns so schwertun, eine Entscheidung zu treffen. Heute wollen wir uns gemeinsam eine sehr einfache Methode zur strukturierten Entscheidungsfindung ansehen.

Im vorigen Teil dieser Miniserie zu Meetings haben wir uns mit der Struktur eines Entscheidungsmeetings befasst und sind zum Schluss gekommen, dass wir die Parts Verstehen, Vorschläge sammeln, Bewerten, Entscheiden und die Vereinbarung der nächsten Schritte klar voneinander trennen müssen.

Diese Trennung der Bereiche und die dadurch erhaltene Struktur dient dazu, Themen und Bereiche abzuschließen. Wenn wir das nicht tun, drehen wir uns immer wieder im Kreis. Ihr kennt wahrscheinlich die Situation, dass man eigentlich soweit wäre, abzustimmen und eine Entscheidung zu treffen, aber man beginnt lieber damit, alles bereits Gesagte noch einmal zu wiederholen. Das ist genau der Moment, in dem man beobachten kann, dass die eine Hälfte der Teilnehmer alles tut, um keine Entscheidung treffen zu müssen, und die andere Hälfte langsam den Lebenswillen verliert.

Das vermeiden wir durch die Struktur, weil wir den scheinbar unvermeidlichen Wiederholungspart so sehr einfach vermeiden können. Haben wir bereits abgeschlossen, steht alles hier, Abstimmung bitte.

Wir haben in den ersten Teilen des Meetings alle Verständnisfragen geklärt. Wir haben also alle Teilnehmer auf ein Level gebracht, in dem sie eine Entscheidung treffen können. Nun sammeln wir unsere Optionen. Meistens haben ein paar Kollegen schon ein paar Lösungsmöglichkeiten mitgebracht, die sie vorstellen können. Als Moderator schreibt Ihr diese gut sichtbar mit und achtet darauf, dass wir nicht schon jetzt in eine Bewertung kommen. Verständnisfragen sind erlaubt, von mir aus auch noch Anmerkungen, aber jede Form von Wertung würgt Ihr bitte sofort ab. Die können wir jetzt noch nicht brauchen.

Hier findet Ihr eine Übersicht von Videos zu diesem und anderen Themen

Wichtig: wir sprechen hier davon, dass wir ein klar umrissenes Problem haben, für das uns eine Handvoll Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Wir reden hier nicht von diesen superglobalen Themen, für die man in einem Brainstorming auf 280 Punkte kommt. Bei diesen Runden braucht es vor dem nächsten Schritt – der Bewertung – einen Zwischenschritt in Form einer Vorauswahl.

Jetzt brauchen wir viel Platz zum Schreiben, weil wir eine große Tabelle aufziehen, in der wir in die linke Spalte unsere Optionen eintragen, damit wir diese zeilenweise untereinander haben. Nun sammeln wir erneut und stellen die Frage: Was sind die Eigenschaften bzw. Folgen dieser Optionen. Diese notieren wir in die Zeilen unserer Lösungsoptionen – jede für sich, Feld für Feld. Das kann z.B. sein, dass Option A sehr aufwändig umzusetzen ist, uns aber viele Freiheiten für die Zukunft lässt. Das wären zwei Punkte: eine Eigenschaft und eine mögliche (oder sogar wahrscheinliche) Folge.

Es ist wichtig, dass wir diese Dinge nüchtern erfassen und auch jetzt noch nicht bewerten. Wir wollen zunächst sammeln und dann der Reihe nach jeden einzelnen dieser Punkte mit einem Score versehen. Wir schaffen also erneut eine Struktur, die wir abarbeiten können.

Bei Option B sehen wir vielleicht ein Problem mit dem Datenschutz, bei Option C fehlen uns möglicherweise Fähigkeiten für die Umsetzung. Nach einiger Zeit werden wir unsere Tafel gut gefüllt haben, und alles, was gesagt wurde, finden wir dort wieder. Es gibt also keinen Grund, etwas noch einmal zu wiederholen. Diese Struktur hilft uns dabei, die Laberköpfe in Ketten zu legen, weil ich als Moderator immer wieder fragen muss: wie schreibe ich das in zwei Worten auf? Durch das Aufschreiben lernen wir auch, uns kurz und prägnant auszudrücken.

Bei den Eigenschaften einer Lösungsoption können wir uns sicher sein, nicht zu spekulativ zu werden. Bei den Folgen ist es etwas schwieriger. Da fragen wir immer auch die Glaskugel. Ihr werdet schnell bemerken, ob große Einigkeit besteht, oder ob eine Diskussion startet. In diesem Fall würde ich fragen, ob die Folgen ungewiss sind, und auch genau das notieren. Ungewisse Folgen sind selbstverständlich ein großes Risiko. Das wäre damit eine Eigenschaft unserer Option: sie trägt ein großes Risiko, weil wir die Folgen nicht abschätzen können.

Nach einiger Zeit – Ihr werdet merken, ob noch viel kommt, oder ob die Beiträge dünner werden – beenden wir den Part des Sammelns. Wir stellen klar, dass wir noch Dinge nachtragen können, wenn sie sich ergeben, aber das Sammeln ist abgeschlossen, die Verständnisfragen zu unseren möglichen Folgen und Eigenschaften sind beantwortet, nun beginnen wir mit der Bewertung.

Punkt für Punkt vergeben wir einen Score für jede Eigenschaft bzw. Folge. Das können wir einfach halten mit (++, +, o, -, –), und wir sollten es auch einfach halten. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr das sogar wie ein Planning Poker aufziehen. Das sollten wir sogar tun, weil wir nur dann diskutieren wollen, wenn wir unterschiedliche Meinungen haben. Sind wir uns einig, dass eine Sache als sehr schlecht zu bewerten ist, müssen wir nicht weiter diskutieren und uns gegenseitig erklären, warum es sehr schlecht ist. Wir sind gleicher Meinung – das reicht.

Verzichten wir darauf, bei den Punkten lange zu diskutieren, bei denen wir uns einig sind, und sprechen nur dann, wenn wir unterschiedliche Meinungen haben, indem wir die beiden Extreme zu Wort kommen lassen, um dann noch einmal abzustimmen, werden wir sehr schnell und effizient durch diesen Part kommen. Sehr oft ist es so, dass es gar nicht so viel zu diskutieren gibt, wir es aber trotzdem tun – warum auch immer.

Sobald alles mit einem Score versehen ist, frage ich die Teilnehmer, ob einer der Punkte, die wir als negativ oder sehr negativ bewertet haben, ein Killer ist. Ist einer dieser negativen Punkte so stark, dass er die dazugehörige Lösungsoption unmöglich macht?

Der Punkt fällt Vielen recht schwer, weil wir sehr oft etwas finden, man sich aber nicht von einer Lösungsoption trennen möchte. Stellen wir fest, dass es bei einem Punkt ein Datenschutzthema gibt, das wir nicht umgehen können, dann ist diese Option einfach raus, auch wenn sie noch so sexy ist. Wir streichen sie aus der Liste und sprechen nicht mehr davon. Punkt.

Bei jeder dieser Killer-Eigenschaften können wir die Frage stellen, ob man das umgehen kann. Lautet die Antwort Nein, oder uns fällt nichts ein, dann ist die dazugehörige Lösungsoption raus, und das wird nicht mehr diskutiert.

Wir haben nun wahrscheinlich eine ganze Wand vollgemalt, und wenn wir ehrlich sind, alles besprochen, was es zu besprechen gibt. Es ist alles gesagt, wir können nun abstimmen. Und genau das würde ich tun. Wir sollten nicht einfach nur sprechen und versuchen, uns so zu einigen. Wir sollten abstimmen. Es ist egal, ob wir geheim oder öffentlich abstimmen. Wir können uns darauf einigen, dass eine einfache oder eine absolute Mehrheit notwendig ist – auch das ist egal. Wichtig ist nur, dass wir abstimmen und nicht diskutieren. Als Moderator habt Ihr das natürlich schon vorbereitet. Ihr fragt nicht erst, wie die anderen die Sache handhaben wollen. Ihr macht einen Vorschlag und fragt, ob etwas dagegen spricht, es so zu tun.

Und dann stimmen wir ab – ganz einfach.

Wenn wir die Bewertung der einzelnen Eigenschaften und Folgen gemacht haben, ist das Ergebnis im Allgemeinen sehr deutlich. Es steht ja schon fast an der Tafel. Manchmal kommt es jedoch vor, dass es zwei Optionen gibt, die gleichauf liegen. In diesem Fall könnten wir in eine Endrunde gehen und noch einmal fragen, welche der genannten Eigenschaften bzw. Folgen für wen den Ausschlag gegeben hat. Danach stimmen wir erneut ab, und es gewinnt die einfache Mehrheit.

Der einzige Grund, unsere Entscheidung noch einmal zu vertagen, wäre, dass wir die Möglichkeit bekommen, eine Unklarheit (und damit ein Risiko) aufzulösen. Damit würden wir neue Erkenntnisse gewinnen. Ist das nicht der Fall, entscheiden wir jetzt. Was sollte sich durch eine längere Diskussion ändern, wenn alles gesagt ist? Was sollte sich durch zwei Wochen langes Warten ändern, wenn nicht zu erwarten ist, dass es neue Erkenntnisse geben wird.

Entweder es gibt einen klaren Auftrag für neue Erkenntnisse, oder wir entscheiden jetzt. Punkt.

Nachdem der Sieger der Abstimmung feststeht, stellen wir die Frage, was jetzt geschehen soll. Wer macht was bis wann? Gibt es einen Grund, noch einmal in dieser Runde zusammenzukommen? Was geschieht als nächstes? Wir einigen uns auf Dinge, die überprüfbar sind. Eine Person oder eine Gruppe erhält einen Auftrag und verpflichtet sich. Wir schließen das Meeting nicht mit einer Wischiwaschi-Aussage. Damit wären all unsere bisherigen Mühen umsonst gewesen.

Wenn Ihr so oder ähnlich vorgeht, werden Entscheidungen in Gruppen sehr viel leichter gefällt werden. Das Ganze mag maximal kompliziert klingen, aber glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass eine solche Struktur uns wesentlich schneller und sauberer durch eine Entscheidungsfindung führt als das unstrukturierte Labern.

Kernaussagen: Jede Lösungsoption hat klare Eigenschaften und Folgen, die bewertbar sind. Wenn man diese Bewertung konsequent vornimmt und sichtbar macht, fällt unseren Kollegen die Entscheidung sehr viel leichter und man kommt mit einer einfachen Abstimmung zum Ziel.

Wenn Ihr mehr erfahren wollt, oder Unterstützung braucht, sprecht mich einfach an.

twitterrssyoutube
Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblr